Angst-Spiele (2): Das Paradoxon von Vertrauen und Angst
Mit geladenen Waffen spielt man nicht. Trotzdem habe ich geglaubt genau das zu tun. Dabei habe ich ihn noch ausgelacht als er ein paar Minuten zuvor die Waffe zückte. Wir standen in Mitten einer Party mit meinen Freunden, tranken Cocktails, lachten und tanzten. Was sollte schon passieren?
Welche Angst die Waffe und die Situation mich dann haben fühlen lassen und warum das schön war, das habe ich euch im letzten Artikel zum Thema Angst schon erzählt. Auch Aureliana hat auf diesem Blog schon einmal beschrieben, wie sie Angst im Spiel fühlt: Eben gar nicht, weil sie ihrem Partner vertraut.
Genau das Argument habe ich schon häufiger gehört, für mich ist es jedoch nicht gültig. Ich vertraue meinen (Spiel-)Partnern auch und trotzdem können sie mich Angst fühlen lassen. Dafür gibt für mich nur eine einzige Begründung, auf der alles fusst:
Angst und Vertrauen sind Gefühle.
Gefühle sind nicht genau erfassbar, subjektiv, und unbeständig. Das Produkt innerer oder äußerer Reize. Genau wegen dieser Unbestimmtheit und dieser Reizabhängigkeit sind Gefühle anfällig für bewusste Manipulation durch sich selbst, oder andere. Ein Angstspiel ist nichts anderes als eine temporäre Gefühlsmanipulation. Und ja, mir ist die negative Konnotation des Worts „Manipulation“ durchaus bewusst, so ist es aber nicht gemeint. Ist denn nicht zu Flirten, zum Beispiel, auch nur eine Manipulation der Gefühle des Gegenübers? Da möchte man jemandem ein gutes, sicheres, vertrautes Gefühl geben. Jemanden zum Lächeln statt zum Weinen bringen. Dann möchte man eine Freude vielleicht durch Komplimente, Geschenke, oder eine besondere Erfahrung machen und dieses kribblige Gefühl herzaubern. Wenn man anerkennen kann, dass man jemanden im Flirt in Richtung Freunde manipulieren kann, dann kann man auch anerkennen, dass es möglich ist jemanden in Richtung Angst zu manipulieren.
Manch einer mag nun einwerfen es sei viel schwieriger mitunter Jahre lang etabliertes Vertrauensverhältnis zum Partner innerhalb eines Angstspiels temporär zu zerstören, um die Gefühle in Richtung Angst zu manipulieren, als ein oberflächliches Vertrauensverhältnis innerhalb eines Flirt aufzubauen. Andersrum hab ich schon häufiger die Aussage gehört, wie schwierig es sei Vertrauen nach einem Vertrauensbruch wieder aufzubauen. So, oder so rum, da der Partner die ausübende Kraft hinter dem Angstreiz ist, scheint die zwischenmenschliche Beziehung von größter Bedeutung in einem Angstspiel zu sein. Aber ist das wirklich so?
Ich habe zwei Theorien dazu, die für mich beide sinnvolle Erklärungen sind. Einerseits denke ich Beziehungen gestalten sich dynamisch und sind auch innerhalb eines kurzen Zeitraums veränderbar. Versteht mich nicht falsch, diese Aussage hat nichts mit einem Mangel an Stabilität, Verbindlichkeit, oder Sicherheit zu tun. Sie meint, dass Beziehungen aus vielen verschiedenen Aspekten bestehen und sich Rollenverständnisse situativ verändern. Dann wenn wir zum Beispiel den Ort, oder das Umfeld wechseln, sich unsere Lebensumständen, oder Stimmung verändert. Um euch das bewusst zu machen, möchte ich einmal empfehlen, bewusst darüber nachzudenken wann, wie und wie schnell ihr verschiedene Rollen innerhalb eurer Beziehung annehmt und welche Gefühle ihr damit verknüpft. Hier könntet ihr Indikatoren finden wie dynamisch Beziehungen sind, aber auch in welchen Situationen, wodurch und wie angstanfällig ihr seid.
Andererseits glaube ich, dass Gefühle nicht absolut sind. Wieso können Vertrauen und Angst nicht nebeneinander da sein? Manchmal frage ich mich warum Angst so stark mit dem Mythos des großen, bösen Unbekanntem verknüpft ist. Angst zu initiieren, besteht für viele aus diesem großen Knall, der einen überwältigt. Aber warum kann jemand vetrautes diese Überwältigung nicht herbeiführen und wieso kann Angst nicht auch ein vertrautes Gefühl sein?
Je besser mich Jemand kennt, desto besser kennt er schließlich auch meine Ängste. Je besser Jemand mich und meine Ängste kennt, desto besser kann er also gezielt meine Gefühle manipulieren und diese kleinen Nuance finden, die mich verunsichern. Deswegen lässt Vertrauen für mich durchaus tiefere Ängste zu. Einerseits kann mein Partner mich mit seinem Wissen bewusster dazu bringen Angst zu fühlen. Sicher, auch fremde Menschen können mich Angst fühlen lassen, aber viel unkontrollierter. Wenn im Spiel Grenzen ausgereizt, oder sogar übertreten werden, bekommt ein Vertrauter das eher mit und kann eher gezielt darauf reagieren. Darum denke ich manchmal, dass es mir bei bei Vertrauten leichter fällt mich auf die Angst einzulassen.
Denn ich kann entscheiden wie ich mit diesem Gefühl umgehe. Ich kann versuchen mich mit meiner Angst auseinanderzusetzen, immer das Ziel vor Augen sie zu kontrollieren. Aber ich kann mich auch dazu entscheiden die Angst einfach zuzulassen, mich ihr hinzugeben und sie die Kontrolle über mich übernehmen zu lassen. Ich kann in der Spirale aus Fühlen, Denken und Handeln gegen, oder mit der Angst arbeiten. Wenn diese Bereitschaft besteht, egal wie bewusst, ist ein Angstspiel aus meiner Sicht möglich, egal wie sehr man jemandem vertraut.
Wenn ich dann einmal in einer Angstsituation bin, dann kann ich nicht vernünftig und klar denken, sondern meist nur fühlen. Es ist egal wie sehr ich argumentiere, ich würde meinem Partner vertrauen. Die Angst versteht das weder, noch hört sie zu. Natürlich mag am Anfang des Spiels noch ein leichtes Bewusstsein dafür da sein, dass die Situation spielerisch konstruiert wurde. Doch je weiter das Spiel voranschreitet, desto weniger habe ich ein Bewusstsein dafür was Real ist und was nur in meinem Kopf existiert.
Eines steht jedenfalls fest: Angst ist ein Gefühl wie jedes andere, deswegen lässt es sich trotz anderer Gefühle wie Vertrauen manipulieren. Wie man das machen kann, erzähle ich euch wenn ich mal wieder Lust dazu habe 😉