Die Eifersucht oder die Geschichte von der Frau mit mehreren Gebärmüttern
Im folgenden Artikel möchte ich mich dem Thema Eifersucht nähern. Ich tue das nicht gerne, denn das Thema kann nach meiner Erfahrung einen Polyamoriestammtisch in Sekundenschnelle zur Selbsthilfegruppe mutieren lassen. Allerdings ist es aber gerade deswegen auch so ein wichtiges Thema. Um mir eine gewisse Lockerheit bei diesem emotional geladenen Thema zu bewahren, möchte ich den Artikel mit einer Geschichte einleiten.
So begibt es sich in einem fernen Parallel-Universum oder irgendwann in einer möglichen Zukunft, dass sich Wissenschaftler den Kopf darüber zerbrechen, wie man durch biologische Mutation die Unterschiede zwischen Mann und Frau lockern könnte. Denn sie würden der festen Überzeugung sein, dass der Mann darauf aus sei, sein Erbgut möglichst weit zu verbreiten, und die Frau darauf aus sei, einen Mann an sich zu binden, damit er sie nicht mit der Kindererziehung alleine lässt, obwohl diese Theorie anhand Studien unserer Vorfahren – den Bonobo-Affen – längst wiederlegt ist [vgl. Sex at dawn]. Die Wissenschaftler würden in der Erschaffung einer Frau mit mehreren Gebärmüttern die Lösung sehen. Würden sich dadurch nicht die Männer weniger im Wettstreit um diese Frau miteinander befinden und so zu mehr Zusammenarbeit kommen, auf dass sie gemeinsam an der Kindererziehung teilhaben wollen würden?
Die Erschaffung dieser Frau mit mehreren Gebärmüttern wird für die hoch technologisch fortschrittlichen Wissenschaftler kein Problem sein. Schwieriger wird es sich herausstellen, das Schönheitsideal in der Gesellschaft zu ändern. Doch in diesem parallelen Universum oder einer möglichen Zukunft wird die Gesellschaft Sozio-Ingenieure haben, die sich mit der Meinungsmanipulation so gut auskennen, dass sie das Schönheitsideal ändern können.
Und so würden die Frauen mit mehreren Gebärmüttern mit einem hohen Ansehen aufwachsen und von vielen Männern begehrt und begattet werden.
Wenn ihre Beziehungsgeflechte dann komplizierter werden würden, würden die Männer dann doch argwöhnisch werden. Das Ansehen dieser speziellen Frauen wird durch die Sozio-Ingenieure so hoch getrieben sein, dass die Männer eine Frau mit mehreren Gebährmüttern für sich alleine besitzen wollen würden. Sie würden ihren Glauben und ihre Moral, den anderen nicht um seinen Besitz zu neiden, vergessen.
Die Frau mit mehreren Gebärmüttern allein ist also keine Lösung für eine bessere Gesellschaft, in der Männer und Frauen es nicht mehr nötig haben sollten, aufeinander eifersüchtig zu sein.
Wie bei vielen Dingen ist es auch bei der Partnerwahl nicht nur die (auf andere) begrenzte Verfügbarkeit, sondern auch die Verehrung von wenigen besonderen Individuen, die zu Neid, Verlustangst und überzogenen Besitzansprüchen führen kann. Das ist auch der Grund, warum ich insbesondere in monogamen Beziehungen das Potenzial für Eifersuchtsszenen hoch einschätze.
Die Polyamorie alleine ist jedoch keine Möglichkeit seine Eifersucht zu überwinden. Ich habe tatsächlich schon Menschen getroffen, die noch nie eifersüchtig waren oder es tatsächlich geschafft haben, ihre Eifersucht zu überwinden, und auch ich war viele Jahre davor gefeit. Allerdings kann das gelbe Monster jederzeit zuschnappen und einen treffen. Es wäre naiv zu denken, die Eifersucht wird nie Bestandteil einer perfekten Beziehung werden.
Die Frage ist also vielmehr, wie gehen wir mit Eifersucht um! Machen wir diese Gefühle zu dem Problem der anderen oder sehen wir sie als Chance, uns mit unseren eigenen Ängsten auseinanderzusetzen? Können wir unsere Ängste ganz genau und auf den bestimmten Kontext bezogen beschreiben? Und auch: Hören wir unserem Partner überhaupt ordentlich zu und haben ihn auch tatsächlich richtig verstanden? Meiner Erfahrung nach kann man Eifersucht nur situationsbezogen betrachten, und wenn alles ausgesprochen wurde von allen Seiten – und nur dann –, kann man sich auf einen Konsens einigen, mit dem alle Beteiligten leben können. Bei Menschen mit hohem Besitzstreben sehe ich diese Diskussions- und Kompromissbereitschaft selten, da wird das Thema Eifersucht lieber generalisiert und zum allgemeinen Problem der Beziehung gemacht, das es zu vermeiden gibt.
Es liegt also an uns selbst, was wir aus unseren Ängsten, Neid und Besitzansprüchen vom anderen Partner abverlangen, und ich wünsche mir von den Menschen, dass sie etwas reflektierter mit ihrem Handeln umgehen und sich bewusst machen, wie sie mit ihrem Partner umgehen und ob das überhaupt verhältnismäßig ist.