My life as a porcupine
Mein Partner und ich haben ein Safeword. Und zwar keins, das wir während der heißen Stunden zwischen den Laken verwenden, sondern eins für den Alltag, eins für die brenzligen Situationen, in denen ich vergesse, dass ich geliebt werde und mir niemand etwas Böses will. Eins für die Situationen, in denen wir streiten, in denen wir verletzt sind und in denen wir andere auch gerne verletzen; nicht, weil wir es wollen oder der andere es verdient, sondern weil wir uns in der Defensive sehen. Und für die Situationen, in denen wir mal wieder vergessen, wie Gewaltfreie Kommunikation funktioniert.
Das Safeword ist Stachelschwein und wir haben es eingeführt, nachdem sich herausgestellt hat, dass wir sehr unterschiedliche Kommunikationsformen haben. Als introvertierter Mensch ziehe ich mich in vielen ungewohnten Situationen und Konfrontationen gerne zurück und überdenke zuerst die Sachlage. Es fällt mir persönlich ziemlich schwer, meine Gefühlslage genau zu beschreiben oder zu erklären, warum genau ich mich gerade verletzt, verunsichert, verärgert fühle. Da mein Partner solche Dinge aber gerne sofort klärt und es ihn wahnsinnig macht, wenn ich mich erstmal zum Bedenken zurückziehe und er das Problem noch gar nicht kennt, geraten wir oft in hitzige Diskussionen, in denen ich mich entweder verbal und körperlich zurückziehe oder Argumente auf eine sehr vorwurfsvolle Weise formuliere, die meist auch falsche Begründungen für mein Verhalten beinhalten (meistens, weil ich in dem Moment tatsächlich noch nicht weiß, was mich wirklich stört).
In harmlosen Diskussionen erkenne ich mein Verhalten oft selbst und schaffe es, meine Mauer wieder fallen zu lassen. Aber es gibt Momente, in denen ich eine Grenze überschreite und nicht mehr dazu in der Lage bin. In denen ich mich so zwischen meinen eigenen Gefühlen gefangen fühle, dass ich nicht mehr nach vorne kann, nicht mehr um Hilfe bitten kann oder die richtigen Worte finde. Je verletzlicher ich mich fühle, desto schneller, spitzer und dichter wird das Stachelkleid, das ich mir umlege. Und es gibt unterschiedliche Gründe für solche Reaktionen. Einer der Hauptgründe ist mein Stolz: ich bin es gewohnt, meine Probleme selbst zu lösen und schäme mich oft, um Hilfe zu bitten, zudem mache ich mir Sorgen, dass meine Wünsche und Forderungen unangenehm für meine Freunde sein könnten. Außerdem versuche ich, Zurückweisungen zu vermeiden. Diese Ansprüche an mich haben mich in den letzten Jahren nicht nur von den Menschen in meinem Umfeld, sondern auch von meinen eigenen Gefühlen und Wünschen isoliert. Das erste Mal, dass ich dieses Muster wirklich erkannt habe, war vor ungefähr einem Jahr, als ich den TED talk mit der wundervollen Brené Brown gesehen habe.
Seitdem versuche ich einen Weg zu finden, meine Wünsche und Bedürfnisse und Emotionen ohne Scham zu verstehen, zu akzeptieren und zu kommunizieren. Mein Erfolgsrate ist nach eigenem Empfinden gering, auch wenn mich mein Partner immer wieder darin bestätigt, dass ich Fortschritte mache. Unser Safeword ist ein Kommunikationsmittel, mit dem mein Partner mir versucht zu kommunizieren, dass ich gerade mal wieder abweisend um mich „stachele“, und ich wiederum versuche, ihm damit klar zu machen, dass ich mich gerade gefangen fühle und vor allem Geduld und guten Willen brauche.
Danke für dem berührenden Artikel, in dem ich mich viel zu gut wiederfinde.
Viel Erfolg auf diesem Wege, freue mich mehr darüber zu lesen und vielleicht das Eine oder Andere abzuschauen 😉
[…] wie er sich ausdrückt), sich schlecht anfühlt – unwillkürlich musste ich an den Artikel My life as a porcupine von peregrin denken. Leider wurde niemandem richtig erklärt, wie die Karten benutzt werden […]