Nachtschatten Filmfestival in München – ein Bericht
Erkenntnis 1: Nach 22 Kurzfilmen am Stück ist selbst ein medienerprobter Mensch wie ich komplett reizüberflutet.
Erkenntnis 2: Einer der Trends bei Sexkurzfilmen scheint Essen zu sein, gewissermaßen Foodporn in seiner wörtlichen Bedeutung.
Erkenntnis 3: Bei Filmen ohne Ton und die teils auch sehr in die künstlerische Richtung gehen, ist mein Ekelfaktor höher als bei anderen Erotikfilmen oder Pornos.
Aber mal von vorn: In München fand vor ein paar Tagen das Nachtschatten BDSM/Fetisch Filmfestival statt. Lauter Filme, die im normalen Kinoprogramm nicht zu finden sind, von Dokumentation bis Spielfilm. Und trotz vollen Terminkalenders habe ich es zumindest einmal hingeschafft 🙂
Die oben beschriebenen Erfahrungen machte ich bei einem Programmpunkt, der „Sexperimente“ hieß. Es gab sage und schreibe 22 Kurzfilme, alle ohne Dialog und maximal fünf Minuten lang, zu allen Spektren von BDSM und Fetisch, die man sich vorstellen kann. Manche waren lustig, manche waren erotisch, manche waren nachdenklich, und einen kleinen Teil von ihnen habe ich wohl auch verschlafen – die späte Uhrzeit und die Reizüberflutung haben mich da kurzzeitig überrannt …
Als jemand, der mit Kurzfilmen bislang noch nicht viel zu tun hatte, fand ich es eine spannende Erfahrung, wie viel man in nur fünf Minuten Film reinstecken kann. Und natürlich ist es überaus bereichernd, wenn man nicht nur die Sachen sieht, die man sich sowieso ausgesucht hätte, sondern auch mit Themen konfrontiert wird, um die man sonst einen Bogen gemacht hätte. Abgesehen davon waren die vielen verschiedenen Ansätze wahnsinnig spannend und inspirierend, weil man sich gewöhnlich mit der Zeit auf seine eigene Art der Herangehensweise einstellt und weniger nach rechts und links schaut.
Interessanterweise reagiere ich im Kunstfilmkontext auf bestimmte Szenen anders als bei erotischen Filmen oder Pornos. Zwar bin ich allgemein kein großer Fan von Körperflüssigkeiten, aber in einem Porno komme ich zum Beispiel mit viel Speichelfluss eher klar, als wenn die Speichelfäden richtiggehend zelebriert werden und der erotische Kontext ziemlich zurückgefahren ist.
Ich erzähle noch kurz von drei Filmen, die mir mit am meisten im Gedächtnis geblieben sind:
- Room Number Seven: Als großer Fan des Hashtags #foodporn war dieser Film wie gemacht für mich. Eine nackte Frau ist gewissermaßen in Interaktion mit viel tollem Obst.
- Action Paiting No. 1 / No. 2 : Der Film war etwas ungewohnt, weil er komplett ohne Ton war – und das gerade bei Szenen, von denen man weiß, dass sie normalerweise jede Menge Geräusche verursachen. Meine Begleitung konnte nicht so viel damit anfangen, aber ich fand es schön zu sehen, wie erst sie ihm den Rücken zerkratzt hat und er anschließend ihren Rücken mit Kerzenwachs verziert hat.
- Fleurs du mal: Eine leicht bekleidete Frau wird von anderen Frauen in Reizwäsche in ihrem Wohnzimmer überfallen – anfangs eine Mischung aus Horror- und Erotik-Film. Die Auflösung brachte anschließend den ganzen Kinosaal zum Lachen. Irgendwie wohl Werbung, aber wenn Werbung so gut gemacht ist, schaue ich sie mir gern an.
Ich bin sehr froh, dass es dieses Festival gibt, und freue mich, dass es so gut lief, dass es spontan um zwei Tage verlängert wurde. Drückt uns Münchnern die Daumen, dass das Festival nächstes Jahr wieder stattfindet!