Niemand will sie, viele haben sie – über Geschlechtskrankheiten
Geschlechtskrankheiten. Irgendwie eklig. Peinlich. Was für Leute, die nicht aufpassen?! Am besten hat man gar keinen Sex, dann bekommt man auch keine Geschlechtskrankheiten. Naja, ganz so schlimm ist die Sexmoral in unserer Gesellschaft vielleicht nicht mehr. Doch um das Thema sexuell übertragbare Krankheiten herrscht noch viel Stigmatisierung, Unwissenheit, Vorurteile und Scham!
Da will ich ein bisschen entgegen wirken.
Denn wer Sex und Körperkontakt hat, sollte sich mit dem Thema auseinandersetzen. Und das ist alles halb so wild und macht sogar ein bisschen Spaß. Sobald die Mauer aus Scham bröckelt, kann man gemeinsam eine absurde Intimität genießen, wenn man zusammen über Warzen, Jucken, Brennen im Intimbereich spricht 😉
Was sind STIs eigentlich?
STIs (= sexual transmitted infections) sind Infektionen, die beim Sex mit einer anderen Person übertragen werden können. Je nach Art des Liebesspiels ist die Ansteckungsgefahr unterschiedlich. STIs werden, wie andere Krankheiten auch, durch Viren, Bakterien oder Parasiten übertragen.
Bei meiner Recherche zu STIs habe ich mit einer Gynäkologin gesprochen. Sie hat betont, dass sich fast alle Menschen im Laufe ihres Leben mal mit einer STI anstecken. Wenn man Sex hat, dann kann das auch mal passieren. Es gibt keinen 100%igen Schutz. Aber das Risiko kann sehr vermindert werden, wenn man weiß, wie man sich schützen kann.
Seit ca. einem Jahr bin ich in einer Poly-Beziehung. Dadurch, dass wir auch mit anderen Menschen Sex haben können, war das Thema STIs auf einmal viel präsenter. Also haben mein Freund und ich uns ins Bett gekuschelt. Anstatt Sex zu haben, haben wir über safe sex, STIs und unsere bisherigen Erfahrungen gesprochen:
- Hatten wir schon mal STIs?
- Wenn ja, wie sind wir damit umgegangen?
- Wann haben wir uns das letzte Mal auf STIs testen lassen?
- Wie sprechen wir mit anderen Menschen, mit denen wir schlafen wollen, darüber?
- Welche Fragen sind dabei relevant?
Und das Wichtigste: Wir haben uns geeinigt, dass wir immer ehrlich zueinander sind. Wenn wir neue sexuelle Abenteuer erlebt haben, erzählen wir uns davon. Und selbst wenn mal was schief läuft (das Kondom rutscht, reißt oder wir hatten ungeschützten Sex), dann verheimlichen wir nichts. Wir wollen beide Verantwortung für uns übernehmen.
Das klingt erst mal gut. Und doch war es vor allem am Anfang nicht ganz einfach, total offen mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Ich habe mich teilweise gefühlt, als würde ich sie verhören, wenn ich genau nachgefragt habe, wann sie das letzte Mal getestet wurden und ungeschützten Sex hatten …
Es braucht Übung. Aber lieber mehrmals gefragt, als am nächsten Tag zum Arzt rennen.
Und hey: safe sex is the best sex!
Übertragungswege & Schutz von STIs
Es gibt verschiedene Übertragungswege von STIs. Die meisten STIs werden über Schleimhäute, Körperflüssigkeiten und Blut übertragen.
Krätze oder Filzläuse werden sehr leicht, auch schon bei Körperkontakt mit nackter Haut, durch Parasiten übertragen.
STIs sind auch nur Krankheiten und können behandelt werden. Problematisch bei dem Thema ist, dass viele STIs wenig bis keine Symptome zeigen und deswegen unentdeckt bleiben. So können Krankheiten weitergegeben werden, ohne davon zu wissen. Wenn STIs nicht behandelt werden, können sie schwerwiegende Folgen haben, z.B. ist eine unbehandelte Chlamydieninfektion einer der häufigsten Gründe für Unfruchtbarkeit bei Frauen.
Wenn STIs früh entdecken werden, können alle bis auf HIV geheilt werden. Und auch HIV ist inzwischen gut behandelbar.
Wie und wo testen lassen?
Frauen bis 25 können sich 1x im Jahr kostenlos auf Chlamydien testen lassen.
Ansonsten gibt es in Deutschland leider keine Vorsorgetests, die die Krankenkasse übernimmt. Du kannst dich privat bei deinem Hausarzt, Gynäkologen oder Urologen auf verschiedene STIs testen lassen. Außerdem gibt es einige Gesundheitsämter, die kostenlose oder günstigere Tests anbieten, zum Teil auch anonym. Sobald du Symptome zeigst, wird die Untersuchung und Behandlung ganz normal von der Krankenkasse übernommen.
Vorurteile über sexuell übertragbare Krankheiten
„STIs bekommt man, wenn man sich nicht genug wäscht.“ Hast du das schon mal gehört?
Dieses Gerücht hält sich hartnäckig. STIs haben wenig mit Körperhygiene zu tun. Wenn du dich zu viel (vor allem mit viel Seife) im Intimbereich wäscht, kannst du das Risiko sogar erhöhen, dich mit einer STI anzustecken, da du deinen natürlichen Bakterienhaushalt aus dem Gleichgewicht bringst. Auch durch komplettes Glattrasieren v.a. des Intimbereichs entstehen kleine Risse in der Haut, wo Bakterien oder Viren leichter eindringen können. Aber ansonsten werden, wie oben beschrieben, STIs wie jede andere Krankheit auch übertragen.
Es ist prinzipiell hilfreich, ein Gefühl für sich und seinen Körper zu bekommen. Achtsam für Veränderungen, Ausschlag oder Reizungen sein.
Mit 18 hatte ich meine erste Pilzinfektion. Damals kam sie nicht von Sex, sondern ich hatte ein Antibiotikum eingenommen. Es war mir trotzdem ziemlich unangenehm. Ich wusste nicht, dass es sehr üblich ist, nach der Einnahme eines Antibiotikums einen Pilz zu bekommen. Alles halb so schlimm am Ende. Doch ich glaube, es geht vielen Menschen so, dass das Thema sich unangenehm anfühlt …
Die letzten Wochen habe ich viel über STIs geredet, gelesen und auch in meinem Umfeld mitbekommen, dass ein paar Menschen sich angesteckt oder einen Verdacht hatten mit Filzläusen, Herpes und Chlamydien. Und ich war froh, dass wir darüber reden konnten. Keiner musste das alleine durchstehen und heimlich zum Arzt gehen.
Deswegen redet darüber und habt schönen, harten, weichen, verspielten, sexy safen Sex miteinander (wenn ihr wollt 😉 ).
Was sind eure Erfahrungen bisher mit sexuell übertragbaren Krankheiten?
Auf meinem Blog habe ich einen STI Artikel mit konkreten Infos zu Symptomen und Übertragungen geschrieben. Und einen weiteren mit Antworten zu Tests, STIs in Beziehungen und zwei Experten*innen Interviews.
Vielen Dank, Cosima, für diesen wichtigen Artikel!
Cosima schreibt auf cusilife.de über Selbstliebe, Sexualität und Polyamorie. Mit Tipps, Übungen und persönlichen Geschichten unterstützt sie euch dabei, die Liebe zu euch selbst zu stärken und eure Sexualität neu zu entdecken.