Pansexuell – was ist das eigentlich? Teil I
Gastartikel von AnasthaZia:
Pansexuell? Was ist das eigentlich? Meistens, wenn ich mich als pansexuell oute, werden mir Fragen in diese Richtung gestellt. Oft gefolgt von “Was ist der Unterschied zu bi?” Über etwas derart Subjektives wie Sexualität zu schreiben, die Welt meines Begehrens in Worte zu fassen, ist nicht so einfach, da die bereits vorhandenen Kategorien sich wie zu enge Schubladen anfühlen. Die Frage nach der Sexualität ist auch eine Frage der Identifikation. Zugleich möchte ich keine neuen, fixen Begriffe einführen, keine zu engen Grenzen setzen.
Was bedeutet es also für mich, pansexuell zu sein? Lange Zeit habe ich mich als bisexuell bezeichnet, doch bei vielen anderen Bi-Leuten stellte ich schnell fest, dass sie darunter oft etwas Anderes verstanden. Viele von ihnen liebten entweder Männer oder Frauen, beides – ja, aber solange das Subjekt des Verlangens eindeutig in die eine oder die andere Kategorie passte. Für mich aber stand schon sehr früh der Mensch in seiner Individualität im Vordergrund. Jemanden zu lieben und zu begehren bedeutet also, sich zu einer bestimmten Person stark hingezogen zu fühlen und die vielfältigen Wünsche, die daraus resultieren (hier fehlt ein Wort, oder?!) – wie bei jeder anderen Liebe auch. Einen Traummann oder eine Traumfrau oder gar eine Traumperson gibt es für mich nicht. Nur besondere Menschen und besondere Begegnungen. Dabei müssen sie sich keinem biologischen oder sozialen Geschlecht zuordnen – sie können männlich, weiblich, intersexuell, androgyn, maskulin, feminin, transsexuell, transgender sein oder jede andere, beliebige Selbstdefinition. Genitalien, ganz gleich ob kultureller oder physischer Art, sind so uninteressant wie die Wahl zwischen einem Apfel oder einer Banane zum Frühstück. Diese Offenheit mag manchen radikal erscheinen und dazu verleiten, anzunehmen, dass man, wenn man pansexuell ist, nicht besonders wählerisch sei und die geliebten Personen beliebig austauschbar seien. Doch dies ist ein Trugschluss. Gerade die Liebe zum Individuum in all seinen Facetten macht für mich jede Liebe zu einem einzigartigen, unersetzlichen Erlebnis.
„Das war aber früher noch etwas anders oder?“
Wie kommt man als Mädchen, welches eine sehr traditionelle Erziehung in puncto Sexualität genossen hatte, auf solche Gedanken? Zugegeben, mit 14 glaubte ich noch an meine eigene Sexualität, obwohl ich schon damals erste homosexuelle Regungen in der Mädchenumkleide verspürt habe. Ich sah meine Klassenkameradinnen und fand die eine oder andere richtig schön. Ich verspürte eine große Freude dabei, sie länger anzusehen und das blieb nicht unbemerkt. Sie reagierten fast etwas patzig und fragten mich, ob ich lesbisch sei. Da eine gewisse Feindseligkeit in ihrem Unterton lag, verneinte ich vehement. Auch weil ich normal sein wollte. Ich war doch gerade erst nach Deutschland gekommen und wollte nicht auffallen. Es kam erschwerend hinzu, dass meine Familie zwar nicht akut homophob war, doch wuchs ich mit dem Gefühl auf, dass man zwar bei den Söhnen und Töchtern anderer Leute die Neigung akzeptiert, da sie für ihre „Abnormalität“ nichts können, die eigenen Kinder aber bestimmt normal seien und die eigenen Träume von Enkelkindern irgendwann erfüllen würden.
Da ich also in keins der Mädchen akut verliebt war, bestand auch kein Drang, diese aufkeimenden Gefühle näher zu erforschen. Bei Jungs sah die Sache etwas anders aus: bald entwickelte ich Tagträume, Ideen von einer perfekten Beziehung, basierend auf Treue. Den Richtigen finden – das war es, was mich mit 15 bis 16 beschäftigte. Ihr seht, Menschen verändern sich. Auch in ihren Vorstellungen von Liebe und Sexualität. Und ich war damals noch so von meiner Heterosexualität überzeugt, dass ich mich ausschließlich auf Jungs fixiert habe. Frisch in der Gothicszene gelandet, war ich vom androgynen Aussehen fasziniert. Diese dunkle Sinnlichkeit, die viele von ihnen ausstrahlten, zog mich magisch an und ich hatte ein ausgeprägtes Faible für dunkle Romantik. Leider blieben meine Traummänner von damals Frontmänner diverser Goth-Rock-Bands und Charaktere aus Vampirbüchern und Filmen. An meiner damaligen Schule gab es generell nicht besonders viele Gothics. Nur zwei andere Schülerinnen aus anderen Klassen, die mir aufgefallen sind und mit denen ich bald Freundschaft schloss.