Poly-Bits zum Mitnehmen
Innerhalb des letzten Jahres war ich immer die Neue, die zu bestehenden Beziehungskonstrukten hinzu kam. Es hat sich einfach so ergeben, weil ich ganz plötzlich sehr viel Glück beim Verlieben hatte. Das hat mir einige Erkenntnisse im Bezug auf Polyamorie erneut verdeutlicht, die ich gerne mit euch teilen würde. Hier also eine kurze und knackige Resonanz nach einem Jahr als Newbie.
„Niemand ist eine Insel“
Kein Mensch steht für sich allein, er wird immer von dem Netzwerk um sich herum beeinflusst und abhängig sein, egal ob unbewusst oder bewusst. Das schrieben so oder so ähnlich schon John Donne und Pablo Vitalis Hildebrandt. Es ist egal, ob wir von monogamen, oder Poly-Beziehungen reden. Jeder Mensch ist Teil einer Gemeinschaft. Seine Gefühle und Handlungen formen diese Gemeinschaft ebenso sehr wie sie ihn formt. Das kann man ganz groß auf die Gesellschaft beziehen, im Kleineren aber auch auf ein Polykül.
In nicht-monogamen wird das vielleicht noch ein klein wenig deutlicher, da man sich nicht wie in Monobeziehungen eine Haltung von „Du und ich gegen den Rest der Welt“ aneignen kann. Nein, es wird nun im Team gespielt. Das mag ganz unterschiedliche Ausprägungen haben, je nachdem ob man sich eher im Bereich Kitchentable-Poly, Solo-Poly oder irgendwo dazwischen verortet. Aber dieser Aspekt wird immer da sein, ob man nun will oder nicht.
Poly ist ein Teamspiel
Ein Team hat immer Stärken und Schwächen, aber viel wichtiger: Ein Team gewinnt oder verliert zusammen. Wenn mein Metamour seinen Traumjob bekommt, dann ist das ein Gewinn für uns alle, weil wir alle etwas von der Freude und der Erleichterung mitbekommen. Wenn mein Partner sich hingegen unüberlegt von meinem Metamour trennt, dann ist das ein Verlust für uns alle. Er kommt mit allen Gefühlen des Verlusts von Trauer bis Wut. So sehr mein Partner auch versuchen würde diese Gefühle und Gedanken mit sich selbst auszumachen, ich werde immer etwas davon mitbekommen. Und vor allem, ich will etwas davon mitbekommen, weil ich möchte, dass mir diese Menschen nah stehen.
Und weil wir alle ein Stückchen Glück wollen, möchten wir in unserem Team möglichst viele Gewinne sammeln. Niederlagen kommen vor, auch mal eine Saison lang, aber eigentlich versuchen wir doch möglichst alle Herausforderungen zu meistern und Siege einzufahren. Wie bei allen Sportarten, die diese Metapher eines sportmuffligen Menschen zieren, gibt es ein paar gute Strategien: Zusammenarbeit, Kommunikation, und üben, üben, üben. Das bedeutet nicht, dass wir im Team alle die besten Freunde werden müssen. Manchmal reicht es schon ein Grundverständnis zu haben, um gut zusammen spielen zu können. Aber genau da fingen die Probleme dieses Jahr für mich an.
Annehmen statt Ablehnen
Als Newbie habe ich mich dieses Jahr die meiste Zeit nicht als Teil eines Teams gefühlt, sondern eher unwillkommen und außen vor. Denn ich wusste weder nach welchen Regeln wir spielen, noch wer all meine Mitspieler sind und wie sie spielen. Ich konnte mich nur an meinen vergangenen Polyerfahrungen orientieren. Die sagen allerdings nichts darüber aus wie ein spezifisches Polykül Ideale, Wünsch, Bedürfnisse, oder in kurz die einzelnen Beziehungen handhabt. Ich wusste nicht, welche Art Polyamorie praktiziert wird, welches Grundverständnis, welche Abmachungen, welche Lebenssituationen bestehen, oder auch welche Unsicherheiten und welche Ängste eine Rolle spielen… Ohne Zusammenarbeit mit Partnern und Metamours findet man diese Dinge allerdings nicht heraus, obwohl sie so wichtig sind. Für mich fühlte sich das manchmal nicht zuletzt an wie auf einem Einrad zu jonglieren während ich über ein Minenfeld fahre. Egal wie viel Mühe ich mir gab, egal welche Tipps mir vom Seitenrand aus zugerufen wurden… Ich konnte mir sicher sein-irgendwann werde ich auf eine Mine treffen. Die Frage war nur, ob sie sich als Blindgänger entpuppt, sich entschärfen lässt, zu kleineren Explosionen führt oder gleich alles mit sich reißt.
Versteht mich nicht falsch, andere Menschen aus der Polykonstellation stehen vielleicht auf sicherem Boden, weil sie diese Dinge bereits wissen. Aber auch die wissen nicht wer, oder was gerade auf sie zukommt. Deswegen ist es in Polybeziehungen so wichtig aufeinander zuzugehen und generell erst einmal offen für neue Menschen zu sein, egal wo man gerade steht. Potenziell neue Partnerschaften lösen Ängste und Unsicherheiten aus. Aber ich denken man sollte immer erst einmal davon ausgehen, dass auf allen Seiten Menschen stehen, die sich nichts Böses wollen. Oder, für eine letzte Sportmetapher: Es tut gut sich die Bälle locker zuzuwerfen anstatt jeden für sich alles allein zu händeln.
Danke fürs Lesen und ertragen all meiner Metaphern, heute ist so ein Tag. Wer Interpunktions-Fehler findet, darf alle Punkte und Kommata behalten. Kommentiert gern, falls ihr Input zu habt 🙂