Sadismus und Einfühlsamkeit sind die perfekte Ergänzung
Wir sind sehr stolz darauf, in unserem ersten Themenmonat, wenn auch um einen Tag verspätet, einen Gastartikel von Kuriositätenladen präsentieren zu dürfen. Der Artikel setzt sich mit dem Thema Grenzen wahrnehmen aus einem sadistischen Blickwinkel auseinander.
Ein schwuler Freund, der – an sich – kein SMler ist, aber auf Fisting steht, hat mir letztens gesagt, dass er insbesondere mag, wie rücksichtsvoll und fürsorglich ein Mann ist, der ihn fisten will. Er mag diesen Kontrast so gerne, sich auf der einen Seite total geborgen zu fühlen und auf der anderen Seite brutal gefistet zu werden. Warum macht ein Großteil der sadistischen Menschen das so?
Ich kann zwar nur von mir selbst reden, aber habe auch bei anderen sadistischen Menschen gesehen, dass es ihnen so geht. Mich erregt es besonders, wenn ich andere Menschen dazu bringe, über ihre eigenen Grenzen zu gehen. Natürlich habe ich auch schon – sowohl physisch als auch emotional – masochistische Erfahrungen gemacht und schätze daran, wie mir der Schmerz neue Möglichkeiten und Erkenntnisse jenseits meines Horizonts gebracht hat. Allerdings weiß ich auch, wie schwer es sein kann, außerhalb dieses Horizonts wieder zurückzukommen, wenn es niemanden gibt, der einen wieder zurückholt. Und gerade deswegen ist es scheiße wichtig als derjenige, der die komplette Macht in der Hand hält, bei den Grenzen des anderen vorsichtig zu sein und diese nur zu überschreiten, wenn man sich sicher ist.
Ob ich überhaupt jemanden beim Sex Schmerzen zufüge, hängt sehr davon ab, wie vertraut ich mich in dem Moment mit der Person fühle. Diese Vertrautheit kann oft schon innerhalb weniger Stunden aufgebaut werden, aber kann auch nie zustande kommen (was nicht bedeutet, dass ich keinen Sex ohne SM-Bezug mit dieser Person haben kann). Beim ersten Spielen bin ich besonders aufmerksam, da jeder Mensch andere Grenzen hat und ich diese zunächst nicht überschreiten möchte, insbesondere wenn es die ersten SM-Erfahrungen überhaupt sind. Wenn man sich dann schon eine Weile besser kennt und ich das Gefühl habe, dass sich die Person bei mir geborgen fühlt, gehe ich weiter, aber immer noch vorsichtig. Ehrlich gesagt bin ich mir deswegen gar nicht sicher, ob ich es tatsächlich schon geschafft habe, jemanden über seine Grenzen hinaus zu befördern. Aber falls das der Fall war, bin ich mir zumindest sicher, dass ich es immer geschafft habe, ihn auch wieder zurückzuholen.
Ich denke, das ist auch der Grund, warum sadistische Menschen auf der einen Seite zwar gewalttätig erscheinen, aber auch ihre rücksichtsvolle Seiten haben. Denn zu jedem SM-Spiel gehört am Anfang und am Ende die Auflösung, dass alles nur ein Spiel und in Wirklichkeit alles in Ordnung ist. Wer das als sadistischer Mensch nicht kann, muss schon einen extrem masochistischen Partner haben, der von alleine den Weg zurück in die Wirklichkeit schafft, ansonsten kann man extrem großen Schaden an dieser Person anrichten. Dieses Risiko darf man meiner Meinung erst gar nicht eingehen! Auch wenn bei längeren SM-Verhältnissen manches wie selbstverständlich werden kann, sollte man deswegen nie aufhören, fürsorglich mit dem Ohnmächtigen umzugehen.